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GQ | Praktikum vom 1. März bis 31. August  2002


Ainmillerstraße 8 | 80801 München | Chefredakteur: Reinhard Haas

GQ, September 2002, Seite 76
INTERAKTIV
COMPUTERSPIONAGE - VON EINEM ALTEN APFEL UND FAULEN TRICKS

Fensterln im Elektrosmog
IN DEN 80ERN KONNTE MAN MIT EINEM FERNSEHER COMPUTERDATEN KLAUEN. UND HEUTE? AUCH NOCH
Der kalte Krieg ist nur in den Köpfen vorbei. Die alten Waffen sind immer noch im Einsatz. Keine Chance für Passwörter und Firewalls
WENN MÄNNER IM NORDEN Kaliforniens weinen, dann vielleicht ein wenig deshalb, weil es im Süden nie regnet. Viel mehr jedoch wegen DigiBarn's Computer Museum. „Wenn die bei uns die alten Rechner sehen, bekommen selbst gestandene Mannsbilder feuchte Augen", sagt Galen Brandt. Zusammen mit seinem Partner Bruce Damen hat er eine Sammlung aufgebaut, die böse Menschen als Schrott! bezeichnen würden. Tatsächlich ist es eine Halde voller Gefühle. Eine Heimat für Zeugen einer Zeit, in der MS-DOS noch PC-DOS war, BASIC-Programme abgetippt wurden und HD-formatierte Floppys der ultimative Speicher waren. Teil für Teil Geschichte der letzten 30 Jahre - der eigenen und der Welt. Ein solches Relikt erreichte die beiden in Form eines Apple Macintosh, genauer eines SE 30 1891 T. Stand der Technik: Mitte der 80er. Erst auf den zweiten Blick entpuppte sich der Zeitgenosse als stark mutiert. Im Innern vollständig mit Metall ausgekleidet, konnte das kein gewöhnlicher Rechner sein. Apple war ratlos. Derartige Abschirmungen steigern weder die Leistung, noch sind sie für den normalen User erschwinglich. Einziger Zweck: Schutz. Aber wovor? Vor Spionen: 1985 erfuhr der Holländer Wim van Eck, dass die NATO Computer abhören würde. Sogleich begann der junge Ingenieur, mit einem handelsüblichen Fernseher und einem Computer zu experimentieren. Mit Erfolg. Eine Viertelstunde und wenige Handgriffe später empfing der Fernseher das exakte Monitorabbild des Rechners. Das Phänomen, dass es möglich macht, hindert Millionen Frauen an ihrer Hausarbeit, weil der Betrieb des Küchenmixers den TV-Empfang stört. Schuld daran sind elektromagnetische Strahlungen, die beim Monitor zusätzlich die Signale der Bildschirmausgabe enthalten. Fernseher in der Nähe empfangen diese Strahlen und erzeugen mit einfachen Hilfsmitteln eine exakte Kopie der Buchstabensignale auf dem Bildschirm. Fachleute bezeichnen dieses. Phänomen als TEMPEST. „Ob Monitore oder Kabel, mit geeigneten Mitteln sind die elektromagnetischen Felder für Dritte auch durch Wände abhör- und replizierbar", bestätigt Markus Kuhn, Diplominformatiker in Cambridge. Die Ausrüstung kann direkt bei CCS New York oder bei der französischen Firma Arpege Defense bestellt werden. „Lediglich abgeschirmte Geräte verhindern eine Strahlung." Das war er also: der Apple, ein abgeschirmter Geheimnisträger. Mac is back in Zeiten digitaler Signaturen und Firewalls, in denen aber immer noch jedes Passwort hunderte Meter entfernt zu sehen ist. Nur für Nostalgiker wie Bruce und Galen ist die Welt in Ordnung. DigiBarn's bewahrt ihnen das sentimentale Gefühl, ganz die Alten zu bleiben - trotz der sich wiederholenden Geschichte. Zeit lür feuchte Augen im Norden Kaliforniens. Christoph Strobel

Bildunterschriften:

TEMPEST (Transient Elektromagnetic Pulse Emanation Standard) fasst alle Techniken des Lauschangriffs und der -abwehr zusammen. Für Spione:
www.spyzone.com, www.arpege-defense.com. Für die Abwehr: www.cordsen.com

GQ, August 2002, Seiten 100-101 

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